Der Sommer bringt uns endlich ein wenig
Leichtigkeit zurück. Vielerorts herrscht wieder weitgehend Normalität. In Potsdam, der Stadt, in der ich lebe, sind die Touristen wieder da und die meisten von uns freuen sich darüber. Es wird
endlich wieder um Eis angestanden. Das ist nach den zurückliegenden Monaten auch bitter nötig. Die Krise hat bei uns allen Spuren hinterlassen und tut es noch. Das zeigt sich auf unterschiedliche
Weise. Die einen feiern in den Partyhochburgen die Nächte durch, bis die Ordnungshüter die Läden wieder dicht machen, die anderen messen mit dem Zollstock den Mindestabstand zum Sitznachbarn. Und
gleichzeitig ist da vielleicht auch die diffuse Angst vor der zweiten Welle. Wer hat recht? Was ist richtig, was ist falsch?
Woran liegt es, dass wir Menschen so
unterschiedlich auf Herausforderungen und Krisen reagieren und keine allgemeingültigen Antworten finden? Hat das mit Charakter, guter Erziehung, Verantwortung, Egoismus, Solidarität oder mit
allem ein wenig zu tun? Je komplexer die Welt, desto größer der Wunsch nach Eindeutigkeit, konstatieren die Fachleute. Wir wollen das Richtige denken und tun, was sich vor allem an unserem Umfeld
orientiert - wir wollen uns entweder zugehörig fühlen oder gerne mal den Palastrevoluzzer mimen. Haben wir unseren Standpunkt zu einem Thema erst mal mühsam gefunden, werden wir so schnell nicht
mehr davon abrücken. Wir werden Abweichendes ablehnen und vielleicht sogar empört zurückweisen. Das hat aber weniger mit den konkreten Auswirkungen der Krise zu tun, als man annehmen könnte.
Manche Menschen bleiben trotz realer Einbußen und unsicherer Zukunftsperspektiven unverdrossen optimistisch und schauen nach vorne, anderen gelingt das weniger gut, sie entwickeln massive
Zukunftsängste. Manch älterer Mensch spendet gar verängstigten jüngeren Trost. Ob wir mit Unsicherheiten besser oder schlechter zurechtkommen, hat mit unserer Fähigkeit zu tun, Uneindeutiges
auszuhalten ohne unter psychischen Stress zu geraten. Man nennt das Ambiguitäts-Toleranz und diese Fähigkeit geht uns allmählich verloren, lässt sich aber trainieren. Also sollten wir
üben, was nicht nur deshalb Sinn ergeben würde, weil wir dann die öffentlichen Bühnen nicht ausschließlich den Ambiguitäts-Intoleranten überlassen. Diese liefern sich im Netz
erbitterte Schlachten um vermeintliche Wahrheiten über Corona, Klimawandel, Einwanderung, gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wer die Kunst der Ambiguität aber verlernt hat, für den wird alles
schnell zum Glaubenskrieg. Es stünde uns deshalb nicht nur persönlich, sondern vor allem als Gesellschaft gut zu Gesicht, wenn wir wieder lernen, Widersprüche auszuhalten.
Was bedeutet das im Alltag für uns?
Fangen wir mit der Zurückhaltung an. Streichen wir Sätze, die mit „du musst“ anfangen. Hören wir damit auf, anderen Lektionen zu erteilen. Werden wir demütig. Wir müssen uns nicht davor fürchten,
zu janusköpfigen Dauernickern zu werden. Ambiguitäts-Toleranz ist kein Verrat an uns selbst. Im Gegenteil. Sie bedeutet, dass wir dem Entweder-oder ein Sowohl-als-auch zur Seite
stellen.
In der therapeutischen Arbeit sind wir
immer auch Modell für unsere Klienten. Öffnen wir den Raum zu uns selbst und zu unserer eigenen Ambiguitäts-Toleranz, kann Kommunikation wirklich gelingen. Wir anerkennen, dass es ein
widerspruchsfreies Leben nicht gibt, dass es immer nur um Annäherung gehen kann.
Die Aromatherapie kann uns dabei
dienlich sein, weil sie sich in ihrer Wirkweise vor die Kognition setzt, was bedeutet, dass wir mit ätherischen Ölen unsere Emotionen erreichen, bevor uns unser Verstand eine vermeintlich
rationale Begründung für unser Denken, Fühlen und Verhalten liefert. Das macht die Aromatherapie nicht zur einzigen, aber zu einer wirkungsvollen Therapie, die sich gut mit anderen
Therapiekonzepten kombinieren lässt. Michaela Huber, eine bekannte Psychotraumatologin, erzählte vor einiger Zeit während eines Vortrags, dass sie bei traumatisierten Jugendlichen gerne auch mit
Düften arbeitet.
Ich hörte den Vortrag während eines
Online-Kongresses, froh darüber, der Sommerhitze draußen, in meinem Büro entfliehen zu können. Und während ich drinnen hockte, genossen andere das Sonnenbad am See, weil sie sich nichts Schöneres
vorstellen konnten. Wer hatte nun recht?
Im allerbesten Sinne wünsche ich einen
schönen, ambiguitäts-toleranten Sommer - Drinnen und Draußen.
Jacqueline Boyce
Schulleitung Potsdam
Licht am ende des tunnels 03/2020
Das öffentliche Leben steht still und plötzlich sind wir mit uns selbst konfrontiert. Damit kommen viele Menschen nicht klar. Auch wenn die meisten von uns sonst eher unter Arbeits- und Doppelbelastung ächzen - wenn Gewohntes wegbricht, macht sich eine seltsame, kaum auszuhaltende Stille in uns breit. Dazu kommt die Angst. Der Mensch ist ein soziales Wesen, erklären uns die Fachleute. Wir sind fürs Alleinsein nicht gemacht und das Leben in modernen Gesellschaften ermöglicht uns normalerweise ein Dasein in ständiger Ablenkung und Dauerberieselung. Das hat Konsequenzen, auch in Nicht-Corona-Zeiten. Auch soziale Wesen brauchen den Kontakt zum eigenen Selbst. Wenn Aktivität und Ruhe über lange Zeit unausgewogen sind, leidet unsere Seele. Psychische Erkrankungen sind längst einer der Hauptgründe für Krankschreibungen in Deutschland und die jährlichen Gesundheitsberichte der Krankenkassen belegen, dass rund 10 % der Deutschen unter teils schweren Schlafstörungen leiden. Diese Zahlen wurden erhoben als sich das Schwungrad des Lebens draußen noch gedreht hat. Und jetzt? Wie halten wir die Stille, aber auch die Angst in einer nie dagewesenen Krisensituation aus? Was können wir tun?
Wir können beispielsweise mit Hilfe der Aromatherapie unser seelisches Gleichgewicht sanft ausbalancieren, was sich mit der botenstoffähnlichen Struktur von ätherischen Ölen wissenschaftlich begründen lässt. Unser olfaktorisches System steht nämlich in direkter Verbindung mit den Emotionszentren unseres Gehirns und deshalb wirken ätherische Öle auf unser Unterbewusstsein über die Modulation von Gehirnrezeptoren. Die wissenschaftlichen Nachweise dafür verdanken wir jahrzehntelanger klinischer Geruchsforschung.
Ätherische Öle sind sogenannte Vielstoffgemische – ein reines Lavendelöl (lavandula angustifolia) besteht zum Beispiel aus mehreren Hundert Inhaltsstoffen. Damit ist Lavendelöl das komplexeste ätherische Öl mit einem sehr breiten Wirkungsspektrum.
Im klinischen Bereich wird es wegen seiner Hauptinhaltsstoffe Linalool und Linalylacetat genutzt, um Angst, Schlafstörungen, aber auch Depressionen zu behandeln. Es ist ein Öl, das uns hilft, in Phasen der Unsicherheit, zu innerer Ruhe zurückzufinden und das unser autonomes Nervensystem wieder in Balance bringen kann.
Mit ätherischen Ölen können wir Ängste und Unsicherheiten in herausfordernden Zeiten abfedern und die Stille im Außen und Innen zu etwas Konstruktivem transformieren. Die Aromatherapie kann uns unterstützen, unsere Angst zu integrieren, statt ihr zwanghaft entrinnen zu wollen. Sie bringt uns mit unserem Selbst in Kontakt und kann uns den Weg zum Licht am Ende des Tunnels weisen.
Die Deutsche Heilpraktikerschule Potsdam bietet seit 2019 Online-Kurse in psychotherapeutischer Aromapraxis für Menschen aus Gesundheits-, Heil- und beratenden Berufen an.
Jacqueline Boyce
Deutsche Heilpraktikerschule Potsdam